
Die neue Grundsteuer und ihre Herausforderungen
Mit der Grundsteuerreform und den ersten neuen Bescheiden, die Anfang 2025 verschickt wurden, stehen viele Immobilieneigentümer vor einer überraschenden Herausforderung: In manchen Fällen fällt die festgesetzte Grundsteuer deutlich höher aus als erwartet. Dies liegt oft an fehlerhaften Bewertungen, beispielsweise durch falsche Bodenrichtwerte oder eine ungenaue Einstufung der Grundstücksnutzung.
Doch was tun, wenn der Bescheid ungerechtfertigt hoch ist? Die gute Nachricht: Sie können Widerspruch einlegen und den Nachweis des niederen Werts erbringen, um so die Grundsteuer zu reduzieren. Allerdings ist ein Einspruch nur dann sinnvoll, wenn eine erhebliche Diskrepanz nachweisbar ist. Eine solche ist lt. aktueller Rechtsprechung gegeben, wenn der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt, vgl. §220 BewG sowie Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Ein Verkehrswertgutachten bietet einen rechtssicheren Nachweis des tatsächlichen Grundstückswerts und kann in vielen Fällen helfen, eine überhöhten Grundsteuerbescheid erfolgreich anzufechten, um die Steuerlast auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
In diesem Artikel erklären wir, was es bei der neuen Grundsteuer zu beachten gibt, warum viele Bescheide zu hoch ausfallen, wie sich die Grundsteuer berechnet (Rechenbeispiel inklusive) und in welchen Fällen sich die Beauftragung eines Verkehrswertgutachtens zum Nachweis desniedrigeren Werts lohnt.
Warum Grundsteuerbescheide oft zu hoch ausfallen
Ein häufiger Grund für überhöhte Grundsteuerbescheide liegt in fehlerhaften Einheitsbewertungen. Die Einheitsbewertung dient als Grundlage für die Berechnung des Grundstückswerts und damit der Grundsteuer. Dabei können Fehler in der Zuordnung von Bodenrichtwerten, Grundstücksnutzungen oder weiteren Parametern erhebliche Auswirkungen haben. Hier einige typische Beispiele:
1. Einfamilienhaus im Außenbereich
Ein Beispiel für eine fehlerhafte Einheitsbewertung ist ein Einfamilienhaus, das in einem ländlichen Außenbereich liegt. In der Realität besteht das Grundstück aus einer Wohnfläche sowie umliegenden Ackerflächen. Häufig wird jedoch fälschlicherweise der Bodenwert für Wohnbebauung auf die gesamte Grundstücksfläche angewandt, obwohl die Ackerflächen nicht als Bauland genutzt werden können. Dies führt dazu, dass ein deutlich zu hoher Bodenwert angesetzt wird, was die Grundsteuer überproportional in die Höhe treibt.
2. Garagenhof in der Innenstadt
Ein weiteres Beispiel ist ein Garagenhof, der in einem innerstädtischen Gebiet liegt. Da die Fläche nicht für Wohnzwecke genutzt werden kann, müsste eigentlich der niedrigere Bodenrichtwert für gewerbliche oder spezielle Nutzungen angesetzt werden. Doch in manchen Fällen wird irrtümlich der Bodenwert für Wohngebäude verwendet, da der Standort des Grundstücks fälschlicherweise mit einer Wohnbebauung gleichgesetzt wird. Diese fehlerhafte Einstufung kann die Grundsteuer erheblich erhöhen, obwohl die tatsächliche Nutzung eine ganz andere ist.
3. Gewerbebetrieb im innerstädtischen Bereich
Auch Gewerbebetriebe wie Tankstellen, die sich in innerstädtischen Lagen befinden, sind häufig von fehlerhaften Bewertungen betroffen. Hier wird ggf. ein zu hoher Bodenrichtwert für Wohnbebauung angesetzt, obwohl die Fläche ausschließlich für gewerbliche Zwecke genutzt wird. Gewerbliche Nutzflächen haben in der Regel deutliche niedrigere Bodenwerte, da sie baurechtlich und funktional anderen Kriterien unterliegen. Durch die falsche Zuordnung ergibt sich somit eine unverhältnismäßige hohe Steuerlast, die nicht den Verkehrswert der Immobilie widerspiegelt.
Alle drei Beispiele habe gemein, dass eine Reduktion des Wertes dadurch erfolgt, dass der Bebauungsplan keine höherwertige Bebauung zulässt.
Wann sich ein Verkehrswertgutachten lohnt
Ein Verkehrswertgutachten ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Diskrepanz zwischen dem festgesetzten Wert im Grundsteuerbescheid und dem tatsächlichen Grundstückswert groß ist. Neben der juristischen Hürde, gemäß welcher der tatsächliche Verkehrswert um mindestens 40 % überschätzt werden muss, ergibt sich das Erfordernis einer signifikanten Diskrepanz zwischen Grundsteuerwert und Verkehrswert auch aus dem vergleichsweise geringen Betrag der Grundsteuer, welcher den Gutachtenkosten gegenübergestellt werden muss. Ein Rechenbeispiel für einen sich lohnenden Fall ist untenstehend dargestellt:
Ein Einfamilienhaus in Düsseldorf liegt auf einem großen Grundstück von 15.800 m², von welchem 15.000 m² als Grünfläche genutzt werden und 800 m² als Bauland für das Einfamilienhaus dienen. Das Finanzamt bewertet die gesamte Fläche fälschlicherweise mit einem Bodenrichtwert für Bauland im Außenbereich von 400 €/m².
Das Finanzamt erhält somit einen Grundsteuerwert von:
15.800 m² x 400 €/m² = 6.320.000 €
Und ermittelt folglich die anfallende Grundsteuer mit:
0,031 % x 6.320.000 € x 374 % = 7327,- € / Jahr.
Ein Verkehrswertgutachten könnte diesen Fehler aufdecken und den tatsächlichen Wert belegen, was eine signifikante Reduzierung der Grundsteuer zur Folge hätte. Der Bodenwert von Grünflächen beträgt in Düsseldorf lediglich 10 € / m². Die korrekte Berechnung lautet:
15.000 m² Grünfläche x 10 €/m² = 150.000 €
800 m² Bauland x 400 €/m² = 320.000 €
Wert der baulichen Anlagen: 280.000 €
Gesamtwert des Grundstücks: 750.000 €
Unter Berücksichtigung des Einfamilienhauses samt Bauland und Gründflächen ergab sich tatsächlich ein Verkehrswert von 750.000 €. Folglich führte die Überbewertung des Grundstücks durch das Finanzamt zu einer deutlich überhöhten Steuerbelastung. Die korrekt berechnete Grundsteuer ergibt sich zu:
0,031 % x 750.000 € x 374 % = 870,- € / Jahr.
Die Reduktion der Steuerlast durch den Nachweis des niedrigeren Werts beträgt im vorliegenden Fall 88 % und ergibt sich somit zu: 7327 € – 870 € = 6457,- € / Jahr
Die Kosten für ein Gutachten betrügen im vorliegenden Fall rd. 2800 € zzgl. MwSt. Die Kosten der Gutachtenerstellung sind für vermietete Objekte steuerlich absetzbar.
Es zeigt sich: In Fällen mit großen Grundstücken rentiert sich ein Gutachten zum Nachweis des geringeren Werts umgehend. Bei kleineren Grundstücken liegt der Amortisierungszeitraum mitunter bei mehreren Jahren.
Anforderungen an Sachverständige und Gutachten
Die Anforderungen an Gutachter und Sachverständige richten sich gemäß §220 BewG sowie darauf verweisend nach §198 BewG. Achten Sie darauf, dass der beauftragte Gutachter bzw. Sachverständige über eine Qualifikation nach DIN 17024 oder eine vergleichbare Zertifizierung von einer DAkkS akkreditierten Stelle (!) verfügt, um sicherzustellen, dass das Gutachten den rechtlichen Anforderungen entspricht. Die Nachweispflicht obliegt dem Auftraggeber.
Für die Vorlage beim Finanzamt ist immer ein Vollgutachten, welche gelegentlich auch als „ausführliches Gutachten“ oder „gerichtsfestes Gutachten“ bezeichnet werden, erforderlich. Eine Kurzbewertung ist nicht ausreichend.
Ablauf der Gutachtenerstellung:
Im Rahmen eines ersten Beratungsgesprächs wird der Bewertungsanlass besprochen und der Umfang des Gutachtens definiert. Ein Grundbuchauszug sowie Baupläne sind oftmals hilfreich, um bereits eine unverbindliche Ersteinschätzung bezüglich der Erfolgsaussichten sowie des Kostenrahmens zu erhalten.
Nach der Beauftragung erfolgt eine umfassende Besichtigung des Grundstücks oder der Immobilie durch den Gutachter. Dabei werden alle relevanten Merkmale dokumentiert, wie:
Lage und Größe des Grundstücks,
Nutzung und baurechtliche Gegebenheiten,
Zustand und Besonderheiten der Immobilie,
vorhandene Bebauungspläne oder Nutzungsbeschränkungen.
Die Daten werden detailliert dokumentiert, damit das Gutachten auch von den Finanzbehörden akzeptiert wird. Basierend auf den erhobenen Daten berechnet der Gutachter in der Regel im Sachwertverfahren, Ertragswertverfahren oder Vergleichswertverfahren den Wert der Immobilie.
Die Bewertung erfolgt entsprechend der ImmoWertV und weicht in der Regel von der Einheitsbewertung des Finanzamts ab. Somit bietet Ihnen ein Verkehrswertgutachten die Sicherheit, den tatsächlichen Wert Ihrer Immobilie rechtssicher nachweisen zu können.
Zeitrahmen
Die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens dauert nach erfolgter in der Regel zwei bis vier Wochen, abhängig von der Komplexität der Immobilie und der Verfügbarkeit der notwendigen Unterlagen. Sachverständige können bei der Einholung der Unterlagen häufig behilflich sein.
Kosten
Die Kosten beginnen bei ca. 2.000 € zzgl. MwSt. und können je nach Aufwand und Größe des Bewertungsobjekts variieren. Für einfachere Bewertungsanlässe, wie z.B. Garagenhöfe, liegen die Kosten häufig darunter.
Fazit
Für die erfolgreiche Anfechtung des Grundsteuerbescheids ist es erforderlich, dass eine Überbewertung (> 40 % des Verkehrswerts) durch das Finanzamt erfolgt ist. Ein gerichtsfestes Gutachten von einem gemäß DIN 17024 zertifizierten Gutachter erfüllt alle rechtlichen Anforderungen des §220 BewG zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts und wird sowohl von Finanzbehörden als auch vor Gericht anerkannt. Es bietet eine fundierte Grundlage, um Fehler in der Einheitsbewertung nachzuweisen und den tatsächlichen Wert des Grundstücks bzw. der Immobilie zu belegen und stellt den Grundstein für ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren dar.
Besonders bei großen Grundstücken oder Immobilien mit besonderen Nutzungen kann ein Gutachten helfen die Steuerlast auf ein angemessenes Niveau zu reduzieren und langfristig Kosten reduzieren.
Haben Sie einen zu hohen Grundsteuerbescheid erhalten?
Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihren Bescheid zu prüfen und die Grundlage für eine faire Bewertung zu schaffen. Wir helfen Ihnen, fehlerhafte Bescheide anzufechten und Ihre Rechte als Eigentümer durchzusetzen.
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Dr. Kaplan (geb. Sobota) Zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung Johannes-Hesse-Str. 44 40597 Düsseldorf-Benrath +49 176 55 66 2343 info@wertgutachter-duesseldorf.de Mitglied im Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. | Gastmitglied | ![]() |
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